Pünktlich um 10.00 Uhr setzte sich die Wandergruppe des PWV Lambrecht in Bewegung. Vom Tuchmacherplatz in der Wiesenstraße ging es über die Karl-Marx-Straße, Marktstraße, am Friedhof vorbei in östliche Richtung. Auf dem Rundweg 2 erreichten die Wanderinnen und Wanderer den Ort, an der die ehemalige „Schnarrhahnen Hütte“ gestanden hat. Klaus Liebrich, der Kulturwart der Ortsgruppe, erläuterte die Bedeutung der „Schnarrhahnen Hütte“. Hier sollen Vogelfänger am Werk gewesen sein. Als Schnarrhahn oder Krammetvogel, versteht man weithin die Mistel- und Wachholderdrossel. In der Nähe der ehemaligen Hütte befindet sich auch der Bayrische Niveaustein, ein Vermessungspunkt, und gleich daneben befindet sich ein Bodenfels mit Grenzstein. Durch die wurde man überhaupt erst, in einem Protokoll bei der Vermessung der St. Lambrechter Waldgrenze im Jahr 1750, auf die „Schnarrhahnen Hütte“ aufmerksam. Leider wurden die Hinweisschilder auf die beiden Objekte mutwillig zerstört, sodass bald nur noch Insider von den geschichtsträchtigen Gegebenheiten wissen werden.
Ein paar Meter weiter erreichte man die Bank von der „Tante“ mit dem „Stein der stummen Stille“. Leider wurde auch hier das Hinweisschild zum Steinprojekt der VHS Lambrecht und Schülern der Verbandsgemeinde Lambrecht ein Opfer von Vandalismus. An dem Grenzstein gegenüber der Bank erläuterte Klaus Liebrich der Gruppe die alten Grenzzeichen bzw. Symbole. So steht für den ehemaligen St. Lambrechter Klosterwald die Kurpfälzische Raute oder die Spitzweg, für Lambrecht LB, für Deidesheim ein so genanntes „Tatzenkreuz“ und für Neustadt ein N. Die Buchstaben CHR stehen für Churpfälzisches Holz Recht.
Der weitere Wegverlauf verlief auf der Höhe des Schauerbergs, entlang der Gemarkungsgrenze des Lambrechter Stadtwaldes zum Neustadter Wald, zur „Nonnenboll“. Hier soll es sich laut dem Neustadter Otto Schmid, bei den auf dem Fels vorhandenen Zeichen und Symbolen, um einen Kalenderstein handeln. Etwas unwegsam ging es dann zu dem Dreimärker „Nonnenloog“, ein Bodenfels mit Grenzstein. Von hier marschierte die Gruppe zur Stadter Bank mit dem „Stein des Gleichgewichts“. Nach weiteren „555 Schritten“ (Wanderführerschritt) war man an der „Schönen Aussicht“ mit dem „Wildsaukopf“ angekommen und konnte von dort den herrlichen Ausblick auf die „Sonnenseite“ von Lambrecht – Bierkeller, Luhrbach und Sommerberg – genießen. An der „Stehbar“ wurde die erste etwas längere Pause eingelegt bevor man die nächsten Höhenmeter in Angriff nahm.
Am Sendemast mit Sitzgruppe erreichte die Wandergruppe die nächste tolle „Aussichtsloge“ hoch über Lambrecht. Im Osten reicht der Ausblick zum Weinbiet und in nordöstlicher Richtung ist der Eckkopfturm, bei Deidesheim, zu erkennen. Im Norden sieht man den „Stoppelkopf“ und in westlicher Richtung die ganze Pracht des Pfälzerwaldes. Vorbei am „Tisch“ und dem Dreimärker „Martins Lag“, beides Bodenfelsen an der die ehemalige Grenze des Klosterwaldes St. Lambrecht verlief, kam die Gruppe am „Kaisergarten“ an.
Zu Kaiser Napoleons Zeiten und auch noch danach wurden auf dem Platz von der Bevölkerung Feste gefeiert, wie man auf einer angebrachten Infotafel nachlesen kann. Hier war der höchste Punkt der Wanderung mit 519 Meter ü. NN erreicht. Der Wanderführer hatte diesen schönen Platz mit Schutzhütte und weiteren Sitzgelegenheiten für die Mittagsrast bestimmt. Nur 100 Meter hinter der Schutzhütte, die von den Gebrüder Karlheinz und Hans Kern, ehemalige Jagdpächter im Lambrechter Stadtwald, gestiftet wurde, befindet sich die „Alte Unger“ (Viehpferch). Ein mit Lesesteinen umwalltes Gebiet, das als Unterstand für Weidevieh genutzt wurde.
Ganz in der Nähe, in Richtung Hellerhütte, ist die Bodenfelsplatte (Grenzplatte) „Breite Loog“. Im Volksmund „Brello“ genannt. Es handelt sich um einen „Dreimärker“, d.h. es treffen hier drei Grenzen zusammen. Vor mehr als tausend Jahren waren dies die Waldgrenzen von Deidesheim, Neustadt und der ersten Hartgeraide (Hambach/LachenSpeyerdorf). Im Jahr 1805 bzw. endgültig 1809 kam als vierter Angrenzer Lambrecht mit dem sogenannten „Frauenstiftswald“ dazu. Im Jahre 1821 erfolgte der Abgang von Deidesheim nach dem Waldverkauf an Lambrecht. Seit 1825 sind Neustadt, Lachen-Speyerdorf und Lambrecht die Angrenzer. Von hier zieht sich die Lambrechter Waldgrenze bis hinunter nach Iptestal.
Nach einer ausgiebigen Rast mit Selbstverpflegung aus dem Rucksack, die „Mädels“ hatten wieder ordentlich aufgetischt, bewegte sich die Wandergruppe bergab vorbei am „Runden Tisch“ und dem „Stein der Bewegung“, zum Aussichtsturm „Dicker Stein“. Auch von hier bietet sich dem Besucher eine sehr schöne Aussicht auf Lambrecht. Nach reichlich Schauen ging es die letzten Abstiegsmeter am Friedhof und der ehemaligen Klosterkirche vorbei hinunter zum Lambrechter Gemeinschaftshaus. Hier ließ man den schönen Wandertag ausklingen.
Die Informationen über die Gemarkungsgrenze vom Lambrechter Stadtwald, den Grenzverlauf des ehemaligen Klosterwaldes und die Grenzsteine bzw. Bodenfelsen stammen von dem leider im Jahre 2018 verstorbenen, gebürtigen Lambrechter Ernst Kimmel, in Fußballkreisen auch als „Piola“ bekannt. In mühevoller Arbeit, gemeinsam mit seiner Ehefrau Erika und weiteren Helfern, dokumentierte er die alten Grenzverläufe. Seine Unterlagen über die Gemarkungsgrenzen wurden an das Archiv der Stadt Lambrecht übergeben. Einer der vielen Helfer und Unterstützer von Ernst Kimmel war Klaus Liebrich der PWV Kulturwart der Lambrechter PWV-Ortsgruppe. Ihm ist unter anderem auch die Auffindung und Freilegung der „Nonnenboll“ zu verdanken. Er hat bei der heutigen Wanderung viele interessante Informationen und Anmerkungen zu den einzelnen Objekten gemacht. Des Weiteren sind die Angaben zur „Schnarrhahnen Hütte“ aus der Feder, des erst vor wenigen Wochen verstorbenen Karl Heinz Himmler. Auch er war ein Unterstützer von Ernst Kimmel in Sachen Lambrechter Gemarkungsgrenze.
Um die jahrelange mühevolle Plagerei in steilen Waldhängen und notwendige „Detektivarbeit“ von Ernst Kimmel und seinen Helfern zu würdigen, wäre es eine Überlegung wert in diesem Bereich eine Art „Grenzgängerweg“ anzulegen. Die zum Teil unter zentimeterdickem Waldboden, Laub und Wurzelwerk hervorgeholten Bodenfelsen gerieten so als „Steinerne Zeitzeugen“ nicht in Vergessenheit. Dies gilt übrigens auch für den nördlichen Teil von Lambrecht, ehemals „Grevenhausen“ (Dreimärker Nonnenbrunz, Zeugenstein).
Die Verbandsgemeinde Lambrecht beschäftigt sich zur Zeit mit einem neuen Besucherlenkungskonzept, welches Prädikats-/Premium- sowie Themen- und Rundwanderwege enthalten wird. In ein solches Konzept würden diese geschichtlichen Zeugen sicher passen.
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