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St. Lambrecht

Gedicht von Luitpold Seelmann (1922 – 1993) aus dem Jahr 1952

Lambrecht

St. Lambrecht

Gedicht von Luitpold Seelmann (1922 – 1993) aus dem Jahr 1952

Wenn ich auf meinen Bergen stehe,
rings um mich schweigend tiefer Wald,
und in das Tal der Speyer sehe,
wo Lambrecht liegt, so traut und alt,

da steigt Vergangenes wie aus Grüften
vor meinem geist‘gen Auge auf;
ich sehe tausend Jahre, wie aus Lüften
erstehen, in der Zeiten Lauf.

Zuerst dich Otto, Wormser Graf,
mit frommen Sinnes freier Hand,
ein Klösterlein errichten brav;
St. Lambrecht, hast du es genannt.

Der Brüder Chorgebet und Axt erschallen,
die Pflugschar ebnet rohes Land
die Vesperglocken traut verhallen
vom Speyerbach zum Waldesrand.

Gewichen ist der Mönche Schar
dem weißen Kleid der frommen Frauen.
Mit Gut und manchem Golde bar
sie eifrig neu das Kloster bauen.

Doch durch der Lichterkerzen hehren Schein,
seh‘ ich Pechfackeln grausig schwelen.
Die räuchern Haus und Hütte ein –
und rohe Bauernkehlen grölen.

Nun ist die letzte Nonne auch schon tot
und Heidelberg ist Herr vom Land,
die Mauern steh’n verödet leer – und rot
um lodert Krieg das Pfälzer Land.

Herr Casimir Wallonen schützet
und siedelt an, Land, Leut und Kunst.
Des Webstuhls Melodie sie nützet
dem Aufbau, unter Herren-Gunst.

Und wieder streifen Kriegeshaufen
an unserm stillen Tal entlang;
Spaniolen, Kaiserliche raufen
und plündern brennend jahrelang.

Nach diesen schrecklich 30 Jahren,
der Orlean’sche Krieg bricht an,
die Klostermauern Fehd‘ erfahren,
es klagt und stöhnt der arme Mann.

Noch manches Schicksal zog durchs Tal
und hat dich, Lambrecht, überlaufen.
Manch‘ Freud gab es, – doch auch viel‘ Qual,
durch kriegerisches Singen und durch Saufen.

So sind die Jahrhunderte vor mir erstanden,
aus deinen Mauern, alt und grau
und diese Mauern sind es, die mich banden
an dich, mein Lambrecht, lieb und traut.

Voll Andacht schau von meinem Berge,
ich rings auf deine Waldespracht
und landet dann mein Blick im Tale,
dann lob ich Gott, der dich bewacht.

 


 

Luitpold Seelmann, (1922-1993) stammt aus einer alten Försterfamilie in Hettenleidelheim. Nach der Ausbildung zum Industriekaufmann Einzug zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht mit Teilnahme am Russlandfeldzug. Nach dreimaliger Verwundung Entlassung aus dem Wehrdienst. Dienstantritt als Angestellter beim Landesforstamt in Speyer. 1944 Versetzung an das Forstamt Lambrecht. Ablegung der Prüfung für den gehobenen nichttechnischen Forstdienst. Büroleiter von 1944 bis 1968. Von 1968 bis zur Pensionierung 1982 versah er als Amtsrat bei der Forstdirektion in Neustadt an der Weinstraße seinen Dienst. In Lambrecht angekommen fing er an sich mit der Geschichte seiner näheren neuen Heimat zu befassen. Er hat Heimatkundeaufsätze verfasst, zum Lambrechter Geißbockfestspiel zwei „Bilder“ beigetragen, den „Wallonen“- und den „Napoleon“ Akt. Auch Theaterstücke stammen aus seiner Feder. Luitpold Seelmann hat sich in besonderem Maße um die Erhaltung und Förderung heimatlichen Brauchtums sowie der Pfälzer Mundart verdient gemacht, so die Laudatio von Ministerpräsident Rudolf Scharping bei der Verleihung des Landesverdienstordens von Rheinland-Pfalz im Oktober 1992 kurz vor seinem Tode.

 

Blick auf Lambrecht , Dezember 2023 Foto Peter Seelmann

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