Wenn es aus welchen Gründen auch immer notwendig ist, Kinder nicht mehr bei den leiblichen Eltern zu belassen, ist die Pflegefamilie meist die bevorzugte Art der Unterbringung – weil der familienähnliche Charakter des Alltags erhalten bleibt. Oder anders gesagt: „Jedes Kind, das in einer Pflegefamilie untergebracht ist, ist ein Sechser im Lotto“, kommentiert der Leiter des Kreisjugendamts Bad Dürkheim, Alexander Kirchmer. Denn oft bleiben die Kinder bis sie 18 Jahre alt sind oder sogar darüber hinaus in der Pflegefamilie, insofern es um Dauer- und nicht um Bereitschaftspflege geht. Nachdem Anfang des Jahres die Organisation des Pflegekinderdiensts innerhalb des Jugendamts neu strukturiert wurde, soll in dem Kontext nun auch um neue Pflegefamilien geworben werden.
Hierfür gibt es einige Voraussetzungen oder Anforderungen. Ein Pflegekind aufzunehmen ist für Paare, auch gleichgeschlechtliche, möglich, zudem für Einzelpersonen. „Wir sind offen für Bewerber mit unterschiedlichsten Profilen“, erklärt Kirchmer. Es ist auch denkbar, dass die künftige Pflegefamilie bereits Kinder hat. Je breiter man hier aufgestellt sei, desto besser könne auf den jeweiligen Fall des Kindes passend reagiert werden.
Warum man sich entscheiden kann, Pflegefamilie zu werden? „Vielleicht, weil man sich sozial engagieren oder einem benachteiligten Kind ein Zuhause geben möchte. Es ist eine große Entscheidung, es ist aber auch eine Bereicherung für die Familie und das eigene Leben“, betont der Jugendamtsleiter. Höchstes Gut und Ziel der Vermittlung in eine Pflegefamilie sei immer das Wohl des Kindes, das in einem sicheren und liebevollen Zuhause aufwachsen soll. Was die Kinder bis dahin erlebt haben, ist sehr oft kein einfacher Start ins Leben gewesen. Die Ursachen, warum ein Kind aus seiner Familie genommen werden muss, sind vielfältig und immer auch im Einzelfall genau zu betrachten. Zusammengefasst geschieht das, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, das Kind ausreichend zu versorgen, zu erziehen und zu fördern. Eine andere Ursache ist die Kindeswohlgefährdung, die Misshandlung und Missbrauch einschließt.
Jede Pflegefamilie hat nicht nur Ansprechpartner im Jugendamt, sondern auch bei einem freien Träger, der das Pflegeverhältnis kontinuierlich berät und pädagogisch begleitet. Bei Problemen, Krisen, Verhaltensauffälligkeiten, Ängsten, schulischen Problemen und Reaktionen der Kinder, beispielsweise nach Besuchskontakten mit der Herkunftsfamilie, werden immer Lösungen im Helfersystem (Jugendamtsmitarbeiter und Mitarbeiter der in der Pflegefamilie tätigen Träger) mit der Pflegefamilie, aber auch mit den Eltern gesucht. Jeder Fall wird regelmäßig jugendamtsintern in einem Fach-Team beraten. „Wir lassen Pflegefamilien mit solchen Themen nicht allein“, betont der für das Jugendamt zuständige Erste Kreisbeigeordnete Timo Jordan. „Pflegeeltern leisten einen unschätzbaren Beitrag, um Kindern die Chance auf eine bessere Zukunft zu geben und darauf, sich in einem stabilen Umfeld zu entwickeln“, sagt Jordan weiter.
Erforderliche Voraussetzungen
Wer Pflegemutter oder -vater werden möchte, muss straffrei sein, darf keinen Eintrag im erweiterten Führungszeugnis haben und braucht ein gesundheitliches Attest von einem Arzt, welches gewisse Fragen des Jugendamts beantwortet. Weitere Voraussetzungen sind gesicherte wirtschaftliche Verhältnisse und geeigneter, ausreichender Wohnraum. Potenzielle Pflegeeltern müssen mindestens 25 Jahre alt sein und dürfen keine fundamentalistische oder extremistische Religion oder Gesinnung vertreten. Die Lebensumstände der Pflegeeltern müssen ausreichend Zeit für ein Pflegekind gewähren, zudem sind Belastbarkeit, Flexibilität sowie Beratungsoffenheit nötig. Eine kooperative, wertschätzende Haltung der Herkunftsfamilie gegenüber wird erwartet. „Über all das wird aber auch bei einem Erstgespräch im Jugendamt geredet“, berichtet Kirchmer. Hierhin können sich Menschen wenden, die sich vorstellen können ein Pflegekind aufzunehmen. Das ist ein großer Schritt, eine Lebensentscheidung, wie es Pflegeeltern nennen. Denn mit der Aufgabe geht viel Verantwortung einher.
Die Pflegefamilie gibt dem Kind einen sicheren Ort zum Aufwachsen, bietet Geborgenheit und Familienalltag. Sie kümmert sich um Förderung, Bildung, Erziehung und die medizinische Versorgung. Pflegeeltern haben die Alltagssorge inne. Sofern den sorgeberechtigten Eltern nicht Teile oder die gesamte elterliche Sorge durch ein Amtsgericht entzogen wurde, müssen diese bei gravierenden Entscheidungen schriftlich zustimmen. Da kann es unter anderem um planbare Operationen, die Anmeldungen bei besonderen Schulformen oder weiterführenden Schulen oder Ausbildungsverträge gehen. Wenn den Eltern Teile oder die gesamte elterliche Sorge entzogen wurden, so wird ein Amtspfleger oder Vormund des Jugendamtes bestellt. Von den Pflegeeltern wird eine enge Zusammenarbeit und Kooperationswille mit dem Helfersystem erwartet, außerdem ein respektvoller Umgang mit den Herkunftseltern. Ein Pflegekind hat vier Elternteile, auch wenn nicht immer alle präsent sind. Es ist wichtig, dass die Herkunftseltern nicht für ihr Verhalten abgewertet werden, das zur Fremdunterbringung geführt hat. Das bedeutet nicht, dass dieses Verhalten nicht auch kritisiert werden darf. Dabei ist aber immer zu bedenken, was es in dem Kind auslöst, wenn es ständige Bewertungen über die leiblichen Eltern erfährt.
Vollzeit-, Kurzzeit- und Sonderpflege
Es gibt unterschiedliche Formen von Pflegestellen. Die Vollzeitpflege ist auf Dauer angelegt, das Kind wächst in der Pflegefamilie auf. Kurzzeitpflege ist auf einen kürzeren Zeitraum angelegt. Bei der Sonderpflege geht es um ein Pflegeverhältnis für Kinder mit besonderem Förderbedarf. In der Bereitschaftspflege nehmen Pflegefamilien Kinder kurzfristig auf, die wegen akuter Not- oder Krisenfälle untergebracht werden müssen. Bei der Verwandtschaftspflege übernehmen beispielsweise Großeltern, Onkel oder Tanten das Pflegekind innerhalb der Familie.
Derzeit verzeichnet das Jugendamt des Landkreises 187 Pflegekinder, von denen 177 bei 125 Pflegestellen im Landkreis untergebracht sind. Bei der Betreuung und Begleitung der Pflegefamilien kooperiert der Landkreis mit mehreren freien Trägern. Sie unterstützen die Pflegefamilien durch Fachberatung. Gerne vermittelt das Jugendamt Pflegefamilien oder -personen an die freien Träger.
Interessierte Personen aus dem Landkreis Bad Dürkheim, die Pflegeeltern werden wollen, können sich per E-Mail an pkd@kreis-bad-duerkheim.de oder unter Telefon 06322/961-4444 melden.
Hierbei handelt es sich um die reduzierte AMP-Version des Artikels. Die vollständige Version finden Sie hier.