F r a n k e n e c k   18.11.2012  


Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben
Ökumenische Gedenkfeier am Volkstrauertag in Frankeneck

Das Ehrenmal am Friedhof in Frankeneck, geschmückt mit dem Trauerkranz der Gemeinde u. Vereine

Zur ökumenischen Gedenkfeier am Volkstrauertag fand sich am Ehrenmal beim Friedhof in Frankeneck wieder eine treue Gemeinde ein, um der Toten der beiden Weltkriege, der Opfer heutiger gewaltsamer Konflikte sowie von Terror und Gewalt zu gedenken.  Pfarrer Stefan Schatull und Pfarrgemeinderatsvorsitzender Heiner Oppermann  sprachen im Wechsel Psalm 50, ein Fürbittengebet und hielten das Totengedenken.

In seiner sehr nachdenklich stimmenden Ansprache erinnerte Pfarrer Schatull zunächst daran, dass auf vielen Gedenksteinen die Worte aus der Offenbarung des Johannes stehen: “Sei getreu bin in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben”. Diese Worte sollen dem Tod von Soldaten einen Sinn geben: Weil sie für Volk und Vaterland treu bin in den Tod waren haben sie nun auch gerade eine solche Krone des Lebens verdient. Oder für die Opfer der Gegenwart würde man vielleicht eher sagen: Weil sie für unsere Freiheit und Grundwerte, für die Verteidigung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit gestorben sind, haben sie mehr als nur unsere Anerkennung verdient.

So beachtenswert der Tod von Soldaten in Kriegen und militärischen Einsätzen nach wie vor ist und auch in Zukunft sein wird, erhebe sich doch die Frage, ob diese Worte aus der Offenbarung dem Sterben in den Schützengräben und auf den Schlachtfeldern einen Sinn verleihen könne.  Haben diese Worte  den verwaisten Müttern, den Witwen und Waisen damals wirklich Trost gespendet? Helfen sie den Hinterbliebenen heute in ihrer Trauer und Verzweiflung? Hätten sie damals wie heute nicht lieber ihren Liebsten anstatt eines Ordens zurück bekommen?  Lindern diese Denkmäler mit ihren Aufschriften wirklich den Schmerz oder sind sie nicht eher wie ein Dorn, der ihren Schmerz weiter eitern läßt? Die Worte “Sei getrost bin  in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben” waren für den Prediger Anlass, an das Schicksal eines jungen Mannes zu erinnern.

Er ging nach seiner Ausbildung zum Automechaniker voller Eifer zum Bund  und verpflichtete sich als Zeitsoldat. Für ihn kam so auch die Zeit der Auslandseinsätze. Als er nach Monaten aus Afghanistan zurück kam, wurde er allgemein in seiner sauberen Uniform und braun gebrannt bewundert.  Nur eines fiel allgemein auf: Er erzählte nichts über seine Erlebnisse, zeigte keine Bilder und Souvenirs. Auch seine Angehörigen konnten nichts berichten.  Als er wieder einmal von einem Auslandseinsatz nach Hause kam und vor der Wohnungstür seinen Bruder mit einem Freund traf, grüßte er sie, schaute sie an, fing an zu weinen, ging ins Haus und verschwand. Wochenlang ließ er sich nicht sehen. Später erfuhr man, dass er den Dienst quittiert hatte.

Ein Jahr später, während eines Grillabends antwortete er auf die Frage, wie es ihm gehe:” Jetzt geht es wieder besser. Aber voriges Jahr war ich wie tot.” Er berichtete dann, wie gefährlich die Einsätze, wie groß seine Angst, wie panisch seine Nächte waren.  Er erzählte von den Patrouillen, von den Toten und Verwundeten, von der Unruhe und Ratlosigkeit und dem Gefühl, jeden Menschen als Gefahr und Feind ansehen zu müssen.  Er bekam schließlich das Gefühl, zu sterben. Zuerst starb sein Heimweh, dann seine Träume, dann seine Sehnsucht.  Nach einem Panikanfall wurde er nach Hause entlassen, doch es dauerte noch sehr lange, bis er wieder Fuß fassen konnte.

Dieser junge Mann machte die Erfahrung: Er hat vom Tod zurück ins Leben gefunden. Die Krone des Lebens - er kann sie strahlen sehen.  Er fand Menschen, die sich seiner Ängste und Nöte annahmen.  In der Offenbarung des Johannes stehen auch die Worte: “Ich kenne deine Bedängnis und Armut. Fürchte dich nicht vor dem, was du erleidest”.  Diese Worte zeigen uns: Gott fühlt mit uns, er leidet mit uns.  Er lässt uns in unserem Leiden nicht allein, sondern schenkt uns seine Gemeinschaft, allem Chaos und aller Zerstörung zum Trotz.

Pfarrer Schatull führte abschließend aus: “Die Kreuze, an denen wir heute am Volkstrauertag Kränze niederlegen - sie wollen uns den Weg zu einem Miteinander weisen, das Gott für uns und mit uns will. Eine Gemeinschaft über alle Grenzen - ja selbst über den Tod hinweg.”

Der protestantische Frauenchor Cantilena trug mit drei Liedvorträgen zur würdigen Ausgestaltung der Feier bei. Nach der Kranzniederlegung durch die Vertreter der Gemeinde und der Vereine endete die würdige Gedenkfeier mit Segensworten.

 

von Heiner Oppermann