F r a n k e n e c k | 16.11.2014 |
Wie in allen Talgemeinden fand auch in Frankeneck eine Gedenkfeier zum Volkstrauertag statt, die in diesem Jahr vom protestantischen Frauenchor Catilena musikalisch gestaltet wurde. Das Psalmgebet, die Fürbitten und das Totengedenken wurden von Pfarrer Stephan Schatull und Heiner Oppermann im Wechsel gesprochen. In seiner Predigt ging es Pfarrer Schatull zunächst um die Zahl 100. In der Werbung sei es bald selbstverständlich, dass man irgendwann einmal 100 Jahre alt werde. Aber obwohl unser Gesundheitssystem und die Ernährungssituation bei uns gut seien und viele Menschen in den kommenden Jahren dieses Alter erreichen werden, wollen doch die wenigsten so alt werden. Die Gedanken an Sterben und Tod werden jedoch gerne verdrängt, was vor 100 Jahren aber anders war. Der Beginn des 1. Weltkrieges hatte furchtbare Folgen. Schon im ersten Kriegsmonat haben Frankreich und Deutschland jeweils 300 000 Soldaten verloren. Die viel kleinere britische Berufsarmee wurde fast vollständig ausgelöscht. In Russland und Österreich kamen bis zum Jahresende 1914 jeweils eine Million Soldaten ums Leben. Obwohl viele mit Begeisterung in den Krieg gezogen waren, machte sich bald Ernüchterung breit. Sterben und Tod waren ständig präsent. 100 Jahre alt zu werden, davon konnte man nicht einmal mehr träumen. Wie gerne hätten viele Soldaten die Uniform ausgezogen und wieder ihre Alltagskleidung angelegt. Die Spannung zwischen dem Hier des Schützengrabens und dem Dort der Heimat, welche die Soldaten auszuhalten hatten, beschrieb in gewisser Weise auch Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther (2. Kor 5, 1-10). Mit seinen Worten "Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel " hat Paulus sicher nicht vom ersten Weltkrieg gesprochen und doch kommt die damalige Situation der Soldaten vor 100 Jahren hier ziemlich dicht an das heran, was er als irdische Hütte und den Bau, der von Gott im Himmel erbaut ist, beschreibt. Einerseits der Schützengraben mit dem allgegenwärtigen Tod und andererseits die Sehnsucht nach der Heimat, die wie eine unerreichbare Welt vorkam. Und obwohl der einzelne Soldat im Schützengraben bleiben mußte, gab er die Hoffnung auf die Heimat nicht auf. Sie hielt ihn am Leben. Paulus beschreibt das mit den Worten "Wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. Der Glaube - er ist die große Sehnsuchtsbewegung von hier nach dort. Er hofft auf diese Heimat, in der der Tod seine Bedeutung verloren hat. In seiner Predigt erinnerte Pfarrer Schatull aber auch daran, dass der Tod auch heute trotz aller Vorsorge- und Schutzmechanismen immer gegenwärtig bleibt. Für Paulus ist nicht der Mensch das Maß aller Dinge, sondern Gott. Nicht wir selber können den Himmel auf Erden errichten, sondern den verheißt uns Gott. Auf diesen Himmel hat er uns schon einen Blick werfen lassen durch seinen Sohn Jesus Christus. Auf diese Weise gibt er uns die Chance, schon hier und jetzt Anteil an diesem Himmel zu haben, indem wir immer wieder versuchen, die Maßstäbe dieser zukünftigen Heimat zu leben. Das fängt bereits an einem Tag wie der Volkstrauertag an. Es geht nicht nur um Erinnern und Gedenken, sondern auch um Handeln. Es geht darum, Menschen immer wieder zusammen zu führen, anstatt sie gegeneinander aufzubringen und in den Krieg zu treiben. Mit dem gemeinsamen Segen und dem Wunsch, den Frieden in die Häuser zu bringen, endete die denkwürdige Feier.
von Heiner Oppermann |