L a m b r e c h t ( P f a l z )   06.05.2014  

Realschule Plus Lambrecht und Grundschule Lambrecht
Schüler der Realschule plus Lambrecht machen sich das Erinnern und Gedenken der NS-Opfer Neustadts bewusst

Die Abschlussklassen der Realschule plus Lambrecht befassten sich in dieser Woche intensiv mit dem Gedenken und Erinnern der Opfer der Nationalsozialisten. Sie besuchten das ehemalige Konzentrationslager Neustadts, in das seit März 2013 eine Gedenkstätte für NS-Opfer eingerichtet ist und durch den Förderverein getragen wird. Im Anschluss daran setzten sich die Schüler der 9. und 10. Klassen gezielt mit der Bedeutung der Stolpersteine auseinander, die in der Innenstadt zu finden sind.

Am Dienstag, den 06. Mai, besuchten die Klassen 9b und 9c mit ihren Klassenlehrern Frau Walter und Herrn Clemens die Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt. Zwei Tage darauf waren die beiden 10. Klassen mit ihrer Geschichtslehrerin Frau Borger und Klassenlehrer Herrn Odrich in der Begegnungsstätte. Dem Besuch der Gedenkstätte schloss sich die Beschäftigung mit den Stolpersteinen in der Neustadter Fußgängerzone an. Herr Dittus, Vorsitzender des Fördervereins, leitete den Gang durch das ehemalige Konzentrationslager. Bereits im letzten Jahr waren die Abschlussklassen wenige Wochen nach der Eröffnung im März 2013 in der Gedenkstätte.


Klasse 9c vor der Gedenkstätte

Einige Schüler gingen mit großen Erwartungen zur Schulveranstaltung. Denn nun konnten sie einen Ort besuchen, der im Unterricht theoretisch thematisiert wurde. Herr Dittus konnte sehr verständlich und interessant den Schülern bewusst machen, dass genau hier, in ihrer Heimat, das Verbrechen der Nazis ausgeübt wurde. Propaganda und Manipulation der Jugend, Verfolgung und Ausgrenzung der Juden, Verhaftung und Demütigung politischer Regimegegner waren auch in Neustadt und Umgebung vertreten. Und in diesem Konzentrationslager wie in vielen anderen auch wurden gezielt Menschen erniedrigt und unwürdig behandelt. Dass es in zahlreichen Städten für wenige Monate diese Kzs gab, war für die Schüler erschreckend und vor allem auch überraschend. Damit leistet die Gedenkstätte einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung und Bewusstmachung des Themas.


Herr Dittus mit der Klasse 9c

Nach dem Besuch des ehemaligen KZs gingen die Schulklassen in die Innenstadt und „stolperten“ über die Gedenksteine. Viele Schüler sind schon oft in der Fußgängerzone gewesen, aber diese kleinen Messingsteinen haben sie noch nicht bemerkt. Als sie näher herantraten, mussten sie sich hinunterbeugen, um die Inschriften lesen zu können. Schnell wurde ihnen bewusst, dass genau diese kleine Geste eine große Bedeutung hat. Symbolisch verbeugen sie sich vor den Opfern der Nazis, würdigen ihren Widerstand und halten einen Moment inne, um einem Menschen zu gedenken, der von den Nazis ermordet wurde.


Die Schüler finden die ersten Stolpersteine in der Fußgängerzone

Die 9. Klässler starteten eine anerkennende Aktion mit ihren Klassenlehrern. Mit Schwämmen und Sprühflaschen reinigten sie Steine und erlebten dabei die Bedeutung der Gedenksteine. Sie knieten sich nieder und trafen dabei die Wirkungsabsicht des Künstlers. Auch stellten sie fest, dass Passanten auf die Steine durch ihre Aktion aufmerksam wurden. Wie selbstverständlich geht man sonst vorbei. Mitschüler und Lehrer zeigten sich anerkennend, denn diese Aktion war nicht eigennützig und keine Selbstverständlichkeit für die Schüler.


Schüler reinigen Stolpersteine

Die 10. Klässler haben von Herrn Dittus das Schicksal des Ehepaares Mayer erfahren. Max Mayer war Metzger in der Kellereistraße und ehemaliger Träger des Eisernen Kreuzes, das ihm für seine Verdienste im Ersten Weltkrieg verliehen wurde. Er und seine Frau Mina wurden nach Gurs und letztlich nach Auschwitz deportiert aufgrund ihres jüdischen Glaubens. Nach dem Besuch der Gedenkstätte suchten die Schüler die Metzgerei auf und würdigten die Stolpersteine. Sie nutzen auch die Gelegenheit, ihren Mitschülern von privaten Besuchen der ehemaligen Lager Buchenwald und Auschwitz zu berichten.

Das Erinnern und Gedenken dieser Menschen auf genau diese Art und Weise war für die Schüler ein Erlebnis aber auch eine besondere Erfahrung. Herr Dittus hat ihnen Geschichten von Menschen erzählt, die hier in der Stadt und im Lambrechter Tal gelebt haben. Einige Schüler äußerten sich dankbar darüber, dass „Geschichte“ eben nicht aus „Zahlen und Fakten“ besteht, wie es auch Herr Dittus formulierte, sondern von Menschen handelt und von Menschen und ihren Taten geprägt wird.  Und dann standen die Schüler vor dem ehemaligen Haus dieser Menschen und konnten sich ein Bild ihrer Geschichte machen.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - Ein Grundsatz, der heute im Grundgesetz Sicherheit und Schutz bietet und der Menschlichkeit fordert. Nachdem die Schüler gesehen haben, wie die Würde der Menschen angetastet und missachtet wurde, wurde ihnen bewusst wie wichtig und wertvoll die Würde des Menschen ist. Mit diesem Gefühl gingen manche Schüler nach Hause. Manche möchten in ihrer Familie vorsichtig anfragen, ob es ehemalige Opfer gibt, die im KZ waren oder in kleineren Arrestgebäuden in den Dörfern im Lambrechter Tal. Denn Nachforschungen dieser Art sind auch für den Förderverein eine große Hilfe in ihrer Arbeit und Aufgabe, „Opfern und Tätern ein Gesicht zu geben“. Manche Schüler nehmen sich deshalb vor, in ihrer Familiengeschichte zu recherchieren oder interessieren sich dafür, ob es in ihrem Ort Opfer der Nazis gab.

Es ist für uns eine ernst zu nehmende Aufgabe, unseren Schülern das Gedenken und Auseinandersetzen mit unserer Geschichte  nahe zu bringen. Besonders in diesen Tagen erleben wir, dass Frieden und ein respektvoller Umgang im Miteinander keine Selbstverständlichkeiten sind.


Die Klassen 9b und 9c nach ihrer Aktion

 

von Realschule plus Lambrecht