L a m b r e c h t ( P f a l z ) | 05.11.2016 |
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geht mit einer Forderung von 7 Prozent in die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn. Erstmals in der deutschen Tariflandschaft sollen die Gewerkschafts-Mitglieder dabei ein individuelles Wahlrecht haben. „Unsere Kolleginnen und Kollegen werden selbst entscheiden können, ob sie mehr Geld, weniger Arbeit oder mehr Urlaub wollen“, machte Walter Greiner während der Jubilarenehrung des Ortsverbandes Neustadt/W. im Gemeinschaftshaus Lambrecht deutlich. „Wir haben dem Arbeitgeber in der Auftaktveranstaltung, am Montag, dem 17. Oktober, ausführlich unsere Forderungen dargelegt, jetzt erwarten wir für die nächste Runde, am Mittwoch, den 9. November 2016, ein verhandlungsfähiges Angebot“, stellte der Geschäftsstellenleiter fest. „Wir sind mit einem starken Mandat unserer Mitglieder ausgestattet, das uns einen eindeutigen Verhandlungsauftrag gibt“, erklärte Greiner, insofern werde die EVG keinesfalls von ihrer Forderung nach 7 Prozent mehr im Volumen abweichen. „2,5 Prozent davon wollen wir als individuelles Wahlrecht vereinbaren, entweder sechs Tage mehr Urlaub, eine Stunde pro Woche weniger arbeiten oder noch mal 2,5 Prozent mehr Geld", so Greiner. Nach Aussage von Walter Greiner habe die DB AG in der Auftaktrunde der Tarifverhandlungen versucht, den Eindruck zu erwecken, dass die wirtschaftliche Lage der DB AG nur wenige Verteilungsspielräume biete. „Für uns steht hingegen fest: der Beschluss der zuständigen Tarifkommissionen gilt, von dem gibt es kein Zurück mehr“, machte der Gewerkschaftler deutlich. Die EVG sei mit einem Gesamtpaket in die Tarifverhandlungen gegangen. Über Weiterbildung und Altersvorsorge müsse ebenso verhandelt werden, wie über den Demografie TV und die zunehmende Digitalisierung. „Auch Verbesserungen bei den Arbeitszeitregelungen und ein Abschluss für die Nachwuchskräfte gehören dazu", erklärte Walter Greiner. Angesichts zunehmender Schlagzeilen über Angriffe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verkehrsbetrieben machte Greiner deutlich, dass die EVG auch hier nah bei den Kolleginnen und Kollegen sei und sich für zielführende Lösungen einsetze. „Wir haben deshalb jüngst zu einem Runden Tisch nach Berlin eingeladen, an dem wir mit den verschiedenen Verkehrsunternehmen, der Polizei, Betriebsräten und Betroffenen die aktuelle Lage erörtert und verschiedene Maßnahmen diskutiert haben“, erläuterte Greiner. Für ihren aufreibenden und oft schwierigen Dienst gebühre den Beschäftigten Respekt, vor allem aber mehr Verständnis durch die Vorgesetzten. Diese seien häufig nur an einem reibungslosen Betriebsablauf interessiert und würden Übergriffe immer wieder bagatellisieren. „Es muss nicht immer eine Körperverletzung oder ein Krankenhausaufenthalt sein, die Schwelle der Gewalt wird von uns viel niedriger angesetzt. Keiner unserer Kolleginnen und Kollegen muss sich beleidigen, bespucken, bedrohen oder gar schlagen lassen“, so der Gewerkschaftler. Die EVG fordere deshalb mehr De-Eskalationstrainings, um zu wissen, was in schwierigen Situationen die richtigen Handlungsstrategien sein können, „vor allem aber fordern wir mehr Personal“, machte Greiner deutlich. In „Problemzügen“ müsse eine Doppelbesetzung Pflicht sein, weil dies die Hemmschwelle eines Angriffs erhöhe und sich die Beschäftigten gegenseitig helfen können. „Und wenn eine Kollegin oder ein Kollege den Eindruck hat, dass bei einem Übergriff die Gefahrenlage andauert und die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann, dann muss der Zug oder Bus im nächsten Bahnhof oder Haltestelle stehen bleiben, bis die Polizei da ist. Das gelte vor allem vor der Tatsache mit bundesweit ca. 1.800 Verletzten in einem Jahr. Dann steht ein reibungsloser Betriebsauflauf nicht mehr im Vordergrund, dann geht Sicherheit vor“, machte Greiner deutlich. Nach Auffassung von Walter Greiner müsse sich Personalplanung am Bedarf und nicht am Budget orientieren. „Wenn ein Unternehmen nur so viele Lokführer und Zugbegleiter einstellt, wie es bezahlen will – nicht aber so viele, wie es eigentlich braucht – sind diese Schwierigkeiten vorprogrammiert. Hier muss sich das Grundverständnis ändern“, forderte der Gewerkschaftler. Im Rahmen der Tagesordnung wurde die aktive Seniorengruppe des Ortsverbandes mit 177 Mitglieder für ihre Aktivitäten gelobt. Der Ortsverband selbst, der größte in der EVG-Geschäftsstelle, wurde einstimmig entlastet, die Kasse schreibt schwarze Zahlen. In der Aussprache gab es herbe Kritik an den geplanten Giga-Linern auf den einheimischen Straßen, die für solche Kolosse vor allem in Ortschaften nicht ausgelegt sind. Daneben würden DB-Sparten politisch gewollt an die Wand gefahren. Der OV Neustadt hat derzeit 366 Mitglieder. Im Rahmen der Feierstunde ehrten Walter Greiner und Bernhard Gassner, Vorsitzender des Ortsverbandes Neustadt 26 langjährige Mitglieder des Ortsverbandes. Darunter 7 Jubiliare für 70 Jahre Gewerkschaftszugehörigkeit, 9 Mitglieder, die schon 60 Jahre der Gewerkschaft angehören, weitere 4, die 50 Jahre dabei sind, außerdem 4, die 40 Jahre das Mitgliedsbuch tragen und 2, die 25 Jahre gewerkschaftlich organisiert sind. Das seien exakt 1.440 Jahre gelebte Solidarität. Für langjährige Mitgliedschaft wurden ausgezeichnet: 70 Jahre: Werner Gross, Böhl-Iggelheim; Ottto Krebs, Weingarten; Walter Mildner, Lambrecht; Ottmar Roth, Limburgerhof; Karl Schatz, Edesheim; Josef Sona, Neustadt; Franz Vollweiler, Haßloch. – 60 Jahre: Alfred Aukthun, Schwanau; Peter Danner, Elmstein; Paul Eichert, Neustadt; Joachim Ellgut, Bad Dürkheim; Arnold Fischer, Ramsen; Karl Herrmann, Neustadt; Richard Müller, Neustadt; Werner Pister, Haßloch; Kurt Wolf, Bad Dürkheim. – 50 Jahre: Ehrengard Behnke, Haßloch; Karlheinz Ebersoldt, Kirrweiler; Karl Jagodcinski, Neustadt; Helmut Schwarz, Neustadt. – 40 Jahre: Hans-Walter Dinger, Bockenheim; Theo Franken, Schifferstadt; Joachim Krieger, Neustadt; Leo Steiger, Neustadt. – 25 Jahre: Annette Held, Neustadt; Gildo Scherf, Neustadt.
von Bruno Koppenhöfer |